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Oskar Kokoschka Zentrum News

Erinnern für die Zukunft
München, Kunigundenstraße 29 / K29

Ein Beitrag zu Hermine Moos

Kokoschkas leidenschaftliche Beziehung zu Alma Mahler findet seit vielen Jahren nicht nur in der Kunstgeschichte ungebrochene Resonanz. Sinnbild dieser amour fou und ihres Scheiterns wurde nicht zuletzt der Puppenfetisch, den Kokoschka 1918/19 nach der ehemaligen Geliebten anfertigen ließ.

Die Geschichte der Hermine Moos, welche die Puppe nach detaillierten Anweisungen angefertigt hatte, blieb jedoch lange verborgen. Eines der bekannten Fotos zeigt sie, die ernstblickende, junge Frau im gutbürgerlichen Taftkleid. Justina Schreiber recherchierte erstmals zur Frau „hinter“ der Puppe: ihre mit Moos befreundete Großmutter hatte ihr eines der Puppen-Fotos hinterlassen. In Radiosendungen, Lesungen sowie in der 2013 erschienenen OK-Fotobiografie berichtete sie über das berühmte-unberühmte „Fräulein Moos“.

Hermine Moos hatte den Alma-Fetisch in der elterlichen Wohnung in der Münchner Kunigundenstraße 29 gefertigt, wo sich bis heute räumliche Details erhalten haben. Das tragische Schicksal der jungen Künstlerin, die sich kurz nach ihrem 40. Geburtstag (1928) das Leben genommen hatte, warf schon Schatten voraus auf die restliche Familie, die allesamt Opfer des NS-Rassenwahns wurde.

Nelly und Hans Limmer wohnen seit Jahrzehnten in der Wohnung der Familie Moos. Deren Geschichte sowie jene der anderen jüdischen Hausparteien, die in der „Hauptstadt der Bewegung“ ausgelöscht wurden, bewegte sie tief. Auf einer Internetseite und bald einer interaktiven Station vor Ort haben sie sich intensiv mit den Leben dieser Menschen befasst, sie aus dem Vergessen in die Gegenwart zurückgeholt. Beide Initiatoren sind politisch engagierte Menschen: Hans Limmer nimmt in seinen künstlerischen Arbeiten Bezug darauf, seine Frau Nelly beweist es in einer fiktiven Korrespondenz mit Hermine Moos. Ein Blog, der aktuelle politische Themen wie Ausgrenzung, den schwierigen Einsatz für Frauen-, Bürger- und Menschenrechte mit der NS-Geschichte verbindet – unmittelbar, weil über das Schicksal von früheren Hausbewohner/innen erneut erlebbar. Eine Mahnung, dass Achtsamkeit, Respekt und friedliches Miteinander nie mehr als nur Worthülsen sein dürfen.

Beitrag von Bernadette Reinhold