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Collection Fashion and Textiles Cooperation

Konservierung, Restaurierung und Neumontage einer zentralasiatischen Stickerei

ausgeführt von Eva Marie Klimpel

19.177/4/F

Schlaf- und Arbeitszimmer von Margarete Schütte-Lihotzky mit dem kirgisischen Wandbehang

Foto von: Margherita Spiluttini

Info

Projektdauer

März bis Juli 2022

In Kooperation mit

Margarete Schütte-Lihotzky Zentrum

Öffnungszeiten MSL

Dienstag 10:00–14:00
Freitag 14:00–18:00

Projektleitung und -bericht

Eva Marie Klimpel

Die denkmalgeschützte Wohnung der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000) in der Franzensgasse in Wien ist seit Oktober für Besucher:innen zugänglich. Ein Ziel der Kooperation zwischen dem Margarete Schütte-Lihotzky Club und Kunstsammlung und Archiv, wo der umfassende Nachlass der Architektin aufbewahrt wird, ist es, das Werk und Engagement Margarete Schütte-Lihotzkys weiter bekannt zu machen und im aktuellen Diskurs zu verorten. Mit der Eröffnung des MSL Zentrums in der Franzensgasse, soll die letzte Wohnung als Forschungsstelle zu Architekturpionierinnen in Wien etabliert werden.

Da die Wohnung nach dem Tod Schütte-Lihotzkys geleert wurde, mussten einige Elemente der Einrichtung rekonstruiert werden. Ein Wandbehang, den die Architektin an einer selbst eingebauten Schräge über ihrem Bett befestigt hatte, war aufbewahrt worden. Er befand sich jedoch in einem so fragilen Zustand, dass vor der Neumontage des Objekts restauratorische Maßnahmen notwendig waren.

Bei dem Wandbehang handelt es sich um ein 2,48 x 1,91 m großes, zweilagiges Baumwollgewebe in Leinwandbindung, auf das in Seiden- und Wollfäden Blumenranken und Ornamente gestickt wurden. Vergleichbare großformatige Stickereien wurden zur Ausschmückung von Jurten nomadischer Völker in Usbekistan, Turkmenistan, Kasachstan und Kirgistan verwendet und heißen Suzani.1 Schütte-Lihotzky erwarb ihren Suzani in den 1930er Jahren. Mit einer Gruppe von Architekt:innen, die von Ernst May geleitet wurde, war sie 1930 zur Planung neuer Siedlungen in die Sowjetunion berufen worden. Eines der Projekte, für das sie Kinderversorgungsstätten baute, war das 1929 als Industrie- und Arbeiterstadt gegründete Magnitogorsk. Den Wandbehang kaufte sie einer der kirgisischen jungen Frauen, die an den Bauarbeiten beteiligt waren, ab.2

Der nach Abnahme von der Wand mehrere Jahre im gefalteten Zustand aufbewahrte Wandbehang wies zahlreiche Schäden auf. Seine ganzflächigen Staubauflagen, dunklen Flecken und Wasserränder sowie weiße Farbspritzer im Randbereich waren vermutlich durch die langjährige Hängung und einen Wasserschaden entstanden. Darüber hinaus gab es Risse in der Stickerei und eine 15 cm große Fehlstelle im Randbereich. Unterschiedliche Reparaturen und Überstickungen beschädigter Bereiche hatten zu neuen Rissen im Textil geführt.

Da das Ziel bestand, den Wandbehang wieder an der Schräge im ehemaligen Schlafzimmer Schütte-Lihotzkys zu befestigen, sollte das Objekt in einen gesicherten, ästhetisch geschlossenen Zustand zurückgeführt werden. Als erste Maßnahme wurde eine schonende Trockenreinigung mittels Staubsauger und Polyurethanschwämmchen durchgeführt. Anschließend erfolgte die mechanische Entfernung der Farbauflagen mit Skalpell und Pinzette. Der Wandbehang wurde partiell nassgereinigt, indem deionisiertes Wasser aufgetropft und wieder ausgesaugt wurde. Anschließend konnten die gereinigten Bereiche mit Gewichten beschwert und so geglättet werden. Nachdem Verunreinigungen entfernt und deformierte Gewebeteile geglättet worden waren erfolgte eine nähtechnische Sicherung. Risse und Fehlstellen wurden mit Nylontüll abgedeckt und in Spannstichen aus Polyestergarn geschlossen. In Bereichen, in denen das Trägergewebe beschädigt war, wurde zusätzlich farblich passendes Baumwollgewebe in Leinwandbindung unterlegt.

Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten wurde der Wandbehang wieder in der Wohnung der Architektin montiert. Als Unterkonstruktion diente eine schräg an der Wand befestigte, mit Molton bespannte Rigipsplatte, auf die der Wandbehang mit Vorstichen aufgenäht wurde. Durch die Konservierung, Restaurierung und Neumontage des Wandbehangs konnte ein zentraler Bestandteil des Schlaf- und Arbeitszimmers Margarete Schütte-Lihotzkys wiederhergestellt werden. Als Restauratorin war es mir eine Freude, an dieser Kooperation mitzuwirken.

Mein Dank gilt Silvia Herkt, Stefanie Kitzberger und Cosima Rainer für die Ermöglichung des Projekts, sowie Judith Burger, Laura Egger-Karlegger und Nada Yasin für ihre tatkräftige Unterstützung bei den Transporten und der Montage des Wandbehangs.

Fußnoten
  1. ^ The Craft Atlas, Abruf am 8.8.2022, URL: https://craftatlas.co/crafts/suzani.
  2. ^ Freundliche Mitteilung von Christine Zwingl, Leiterin des Margarete Schütte-Lihotzky Raums, am 7.7.2022. Im ersten Brief aus Magnitogorsk an ihre Schwester Adele beschreibt Margarete Schütte-Lihotzky den Kauf eines Textils von einer Kirgisin, dessen feine Farbgebung sie betont. Brief von Margarete an Adele, 17.03.1933, S. 2–3, Inv.nr MSL1933/3/17, Kunstsammlung und Archiv, Universität für angewandte Kunst Wien.

Bilder

Zustand des Suzani vor der Restaurierung

Foto: Eva Marie Klimpel

Wasser nach der Reinigung des Suzani

Detail des Suzani, große Fehlstelle

Foto: Eva Marie Klimpel

Detail des Suzani nach der Restaurierung

Foto: Eva Marie Klimpel

Eva Marie Klimpel bei der Montage des restaurierten Wandbehangs

Foto: Laura Egger-Karlegger