Der Hausfreund
Eine Wiederentdeckung des exzentrischen Werks von Friedrich von Berzeviczy-Pallavicini
Österreichisches Kulturforum Berlin
Info
- Künstler*innen
Kamilla Bischof, Enzo Camacho, Verena Dengler, Julian Göthe, Josef Frank, Hans Hollein, Nico Ihlein, Elisabeth Karlinsky, Lucy McKenzie, Amy Lien, Ilya Lipkin, Ulrike Müller, Oswald Oberhuber, Dagobert Peche, Yves Saint Laurent, Jack Smith, Marianne My Ullmann, Eduard Wimmer-Wisgrill, Laura Welker, Amelie von Wulffen, Katharina Wulff, Min Yoon
- Kurator:innen
Cosima Rainer, Robert Müller
- Ort
Österreichisches Kulturforum Berlin
Stauffenbergstraße 1, 10785 Berlin- Öffnungszeiten
Montag – Freitag: 14:00 – 16:00
- Eintritt
Eintritt frei
Ausgehend von einem umfangreichen Bestand in der Sammlung der Universität für angewandte Kunst Wien präsentiert die Ausstellung den Künstler Friedrich von Berzeviczy- Pallavicini (1909 – 1989), einst eine schillernde Figur im Umfeld der Wiener Kunstgewerbeschule, als eine zeitgenössisch hochaktuelle Wiederentdeckung. Im Kontrast zur disziplinierten Ästhetik der Wiener Werkstätte hinterließ Berzeviczy-Pallavicini Werke mit einer manierierten und eigenwilligen Formensprache, die bisher kaum gezeigt wurden. Im Dialog mit Werken zeitgenössischer internationaler Künstler_innen sowie mit historisch verwand- ten Positionen werden in der Ausstellung „Der Hausfreund“ wichtige Motive seiner Produktion aufgegriffen, gespiegelt und neu interpretiert.
Die Ausstellung wurde in kuratorischer Zusammenarbeit mit dem Künstler Robert Müller (Berlin/Wien) entwickelt und wird in zwei unterschiedliche Versionen, zunächst in Wien und darauf im September im Österreichischen Kulturforum Berlin, gezeigt.
Der Titel der Ausstellung „Der Hausfreund“ ist mehrdeutig gemeint. Er bezeichnet sowohl eine Mehlspeise, die Berzeviczy-Pallavicini für die Konditorei Demel als Figur gezeichnet hat, als auch die Begeisterung des Künstlers für exzentrische Wohnraumgestaltungen. Der Titel beschreibt aber auch dessen besondere Beziehung zur Wiener Kunstgewerbeschule, in der er während seines Studiums und in Zeiten finanzieller Not einer „Hauskatze“ gleich immer Unterschlupf fand.
Friedrich von Berzeviczy-Pallavicini studierte in den 1920er-Jahren an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Eduard Josef Wimmer-Wisgrill. Die Einflüsse der modernen Raumkunst und der Wiener Werkstätte, besonders der exzeptionelle Ansatz Dagobert Peches, spiegelten sich in seinen Arbeiten wider. Nicht zuletzt durch die Unterstützung Josef Hoffmanns bewegte er sich bald als Gestalter und Designer im Kultur- und Luxussegment seiner Zeit. Nach seiner Emigration aus Österreich zeichnete er unter anderem für die Gestaltung der Magazine „Aria d’Italia“ (mit Daria Guernati) und „Flair“ (mit Fleur Cowles) verantwortlich. In New York arbeitete er zudem für Elizabeth Arden und Helena Rubinstein als Dekorateur, Innenarchitekt und künstlerischer Berater und gestaltete deren Geschäftslokale und Wohnungen. Seine Auslagengestaltungen, Verpackungen und Dekorationen für die K. u. K. Hofzuckerbäckerei Demel in Wien waren legendär und wurden in den 1960er-Jahren als „Theater für die Straße“ gepriesen. Mit seinen spielerischen und exzentrischen Bild- und Formgestaltungen wirkte Berzeviczy-Pallavicini im Spannungsfeld zwischen angewandter und bildender Kunst und war wegweisend für grafische sowie künstlerische Verfahren, die sich einer ausschweifenden Entfaltung der Formen verschrieben. Durch die Kombination einer klaren Gestaltungssprache mit einem exotischen, zwischen Rokoko und Art déco oszillierenden Vokabular zelebrierte Berzeviczy-Pallavicini burleske Grenzüberschreitungen zwischen Tradition und Moderne. Er steht damit repräsentativ für eine „andere Moderne“ oder Antimoderne, die sich auch in Arbeiten etwa Florine Stettheimers, Cecil Beatons oder des frühen Andy Warhol spiegelt und die schon im Wien der Jahrhundertwende im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Ornament und Askese bzw. „richtiger Form“ Gegenstand der gestalterischen Diskussion war.